Die Beziehung zur Lehrerin und zum Lehrer bestimmt wie kaum ein anderer Faktor den Lernerfolg von Kindern und Jugendlichen. Das ist seit der Hattie-Studie in Fachkreisen allgemein bekannt und akzeptiert. Aber auch viele Eltern beginnen nach den vielen Wochen des Heimunterrichts besser zu verstehen, welchen besonderen, eigenständigen Wert ein positives Verhältnis von Schüler und Schülerin zu ihren Lehrern hat.
Die Vorbildfunktion des Lehrers ist entscheidend. Diese kann von Eltern auch nicht ersatzweise qua Heimunterricht übernommen werden. Die Vorbildrolle ist dabei nicht primär autoritär gesetzt, sondern ergibt sich wesentlich aus der täglich erlebten Lernbeziehung. Wenn beim gemeinsamen Lernen am Küchentisch versucht wird, diese Beziehung zu simulieren, wird man in den meisten Fällen scheitern. Eltern sind Eltern, Lehrerinnen sind Lehrerinnen.
Im gemeinsamen Lernen auf Distanz wird das Schüler-Lehrer-Verhältnis aktuell neu bestimmt. Kinder und Jugendliche merken, wer sich ernsthaft um sie kümmert und auch die Frage nach dem persönlichen Gemütszustand und zur häuslichen Situation stellt. Leider kommen diese Fragen derzeit viel zu selten. Die „Morgenabfrage“ fällt aus der Distanz scheinbar vielen Lehrkräften schwer und somit häufig aus.
Gleichzeitig gibt es in der aktuellen Lage die Schulleiterinnen und Lehrer, die es schaffen, mit Empathie und wertschätzender Haltung eine besondere Beziehung zu den Kindern und auch zu deren Eltern aufzubauen. Dies erfolgt ganz analog per Telefonanruf oder digital verstärkt. Auch wenn es sicherlich Personen gibt, die mit ihrem Naturell leichter zu Vorbildern werden, so kann jede Lehrkraft gerade in dieser besonderen Situation recht einfach das Signal setzen: „Ich bin für Euch da und Du bist mir wichtig.“
Es ist jetzt schon absehbar, dass die Schülerinnen und ihre Eltern ihre persönlichen Erfahrungen im Verhältnis zu Lehrern und zur Schule auch in die Zeit nach der Krise mitnehmen werden. Während die meisten Eltern aktuell schon froh sind, wenn die Kommunikation zum zu „verabreichenden Lernstoff“ halbwegs funktioniert, werden gerade die Schülerinnen und Schüler darauf reagieren, wer sie auch in der Krise mit einer wertschätzenden Haltung beim Lernen begleitet und persönlich unterstützt hat.
Mit der Aufarbeitung der Erfolge und Schwierigkeiten beim Lernen auf Distanz wird neben der wichtigen Frage nach technischen Aspekten und den vielfach neu erfahrenen digitalen Möglichkeiten auch schnell die Frage nach der (vielfach neu erlebten) Rolle der Lehrerin als Lernbegleiterin für Schüler und Eltern für das zukünftige gemeinsame Lernen aufzugreifen sein.
Zum Autor
MAREK WALLENFELS
Sozialunternehmer aus Leidenschaft;
im Einsatz für Bildungsinnovationen und mehr Bildungsgerechtigkeit:
„Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist ohne faire Bildungs- und Aufstiegschancen nicht zu haben.“
Foto Beitrag: Claus Langer für EDUCATION Y
Foto Marek: Maria Feck für EDUCATION Y