Das Interview führte Mira Sin.
Dragica Radosavljevic hat sich im Durchlauf 2019/2020 zur familY-Begleiterin qualifizieren lassen. Während der erste Qualifizierungsblock noch in Präsenz stattfinden konnte, fielen die anderen Blöcke mitten in die erste Lock-Down Phase, als Kitas und Schulen geschlossen waren. Die Durchführung von Elterntreffen war daher unmöglich. Im Interview mit Mira Sin erzählt die Elternberaterin, die selbst vor 9 Jahren aus Serbien nach Deutschland gekommen ist, wie sie mit familY die Familien trotzdem unterstützen konnte.
Liebe Frau Radosavljevic: Warum sind Sie familY-Begleiterin geworden?
Dragica Radosavljevic: Ich arbeite als Elternberaterin und Kinderbetreuerin bei dem Verein Kulturen im Kiez in Berlin-Wedding. Wir beraten und begleiten Menschen, die vorwiegend aus osteuropäischen Ländern nach Deutschland gekommen sind, insbesondere Menschen aus Bulgarien, Rumänien, Serbien, dem Kosovo.
Die Menschen brauchen viel Unterstützung, eins haben sie aber alle gemeinsam: Die Eltern wollen wirklich das Beste für ihre Kinder, geben sich sehr viel Mühe und machen sich sehr viele Gedanken über ihre Kinder und fragen sich, wie sie ihnen helfen können. Das familY-Programm passt sehr gut.
Warum kommen die Menschen zu ihnen?
Dragica Radosavljevic: Viele von ihnen sprechen nur wenig oder gar nicht deutsch. Sie haben kaum Sozialkontakte und brauchen Hilfe. Die Mütter sind überfordert, die Familien leben oft mit vielen Kindern nur in einem Zimmer, teilen sich die Küche mit anderen. Sie wenden sich an uns, z.B. als der Brief für die Schulanmeldung kam, weil sie nicht wussten, was sie machen müssen. Oft gehen die Kinder nicht in die Kita, einige Kinder können nicht den Stift halten. Die Eltern wissen einfach nicht, was sie machen müssen und was sie erwartet.
Sie haben dann das familY-Programm als Teil in ihre Beratung integriert?
Dragica Radosavljevic: Ja, genau, ich habe viel telefonisch beraten, per whats app läuft auch viel und ich habe die Eltern einzeln getroffen, Termine gemacht und dann Unterlagen von familY und Tipps aus dem Programm im Gespräch vermittelt. Videokonferenzen sind z.B. gar nicht möglich. Die Familien haben keine Computer und sie haben keinen Platz. Dazu haben sie viele andere Probleme dazu…
Gibt es ein konkretes Beispiel, das zeigt, wie familY geholfen hat?
Dragica Radosavljevic: Ich betreue eine Mutter, sie wohnt mit ihren Kindern im Wohnheim. Sie kann kaum Deutsch, ihr Kind ist auch nicht in die Kita gegangen. Sie wollte nicht, dass ihr Sohn in die Schule geht. Sie ist selbst so erzogen und so aufgewachsen mit dem Glauben, dass die Schule nicht gut für die Kinder ist und so hatte sie Angst, dass man ihr das Kind damit wegnehmen würde.
Sie wusste nicht, dass sie sich selber die Schule aussuchen kann. Dass Eltern viel machen sollen, wusste sie nicht. Ich habe ihr vieles erklärt, natürlich darüber, wie es in Deutschland ist, aber auch was sie mit ihrem Sohn machen kann, wie sie ihn unterstützen kann und dass es wichtig ist, dass er in die Schule geht. Jetzt macht sie Übungen mit den Kindern, spielerisch. Der Sohn ist jetzt in der Schule und fühlt sich sehr wohl. Er möchte mit seiner Mutter nur noch Deutsch sprechen. Ich bin so froh.
Auch bei den anderen Familien, es ist toll, dass jetzt die Kinder in der Schule sind und dass sie sich wohlfühlen. Die Eltern nehmen sich viel vor mit den Kindern. familY ist super, wirklich, nicht nur für die Kinder, vor allem für die Eltern, die sich integrieren sollen.
Liebe Frau Radosavljevic, vielen Dank! Wir freuen uns, dass familY den Eltern geholfen hat. Herzlichen Dank für Ihr tolles Engagement, wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!
Mira Sin ist Referentin für Kommunikation bei EDUCATION Y.