Bei aller Anspannung ist es einfach schön zu sehen, mit welcher Freude die eigenen Kinder und viele ihrer Mitschülerinnen wieder in die Schule gehen. Selbst das Tragen des Mundschutzes wird von den Kindern bemerkenswert diszipliniert akzeptiert, wenn dadurch nur die Wahrscheinlichkeit von Schulschließungen reduziert werden kann. Die Schulen, in die ich Einblick habe, scheinen sich auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten unter Berücksichtigung von Hygienevorgaben auf die Rückkehr zum normalen Schulbetrieb vorbereitet zu haben.
Der häufige Verweis auf den regulären Schulbetrieb lässt mich allerdings auch etwas ratlos zurück. Was bedeutet das? Bleibt der erhoffte Modernisierungsimpuls für unsere Schulen tatsächlich aus? Verhallen die Lernerfahrungen und artikulierten Bedarfe von Lehrerinnen, Schülern und Eltern weitgehend ungenutzt? Und wer fühlt sich verantwortlich, erneute Unterbrechungen bereits jetzt vorzudenken, um diese besser bewältigen zu können als in den letzten Monaten?
Die Gespräche mit Lehrern, Schulleitern und auch mit politisch Verantwortlichen machen mir nicht hinreichend Hoffnung, dass wir für eine neue Krisensituation deutlich besser aufgestellt sind. Ein Großteil der Eltern, Schüler und Schulen standen und stehen weiterhin unter Druck. Sie haben sich trotz dieser Drucksituation weitgehend selbstorganisiert den Weg in die digitale Lernwelt gebahnt. Für eine Verankerung und somit auch Würdigung dieser Anstrengungen bräuchte es mehr politische Unterstützung und konkrete, schnelle Umsetzungsimpulse. Stattdessen artikuliert sich aktuell vielerorts der Unmut über ungenügende Wertschätzung und Delegation von Verantwortung. Eine gemeinsame Kraftanstrengung vor Ort oder in der Fläche ist noch nicht erkennbar.
Vielleicht 2022. Ein solcher und nicht selten gehörter Verweis auf administrative und politische Planungszyklen lässt engagierte Eltern, Schulleitungen und außerschulische Bildungsakteure langsam mürbe werden. Der Wille zum gemeinsamen Gestalten unseres beileibe nicht exzellenten Bildungssystems ist da. Wir sollten ihn nicht so einfach herschenken.
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Zum Autor
MAREK WALLENFELS
Sozialunternehmer aus Leidenschaft;
im Einsatz für Bildungsinnovationen und mehr Bildungsgerechtigkeit:
„Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist ohne faire Bildungs- und Aufstiegschancen nicht zu haben.“