Ein Gespür für andere Menschen zu haben, das hat nicht jeder Mensch gleichermaßen entwickelt. Wenn man zusätzlich sehr in dem eigenen Film des Lebens verhaftet ist, eher mit sich und eigenen Problemen beschäftigt ist oder sich eine zu genaue Vorstellung vom Gegenüber bastelt, die er/sie gar nicht erfüllen kann – dann fehlt die aufrichtige Aufmerksamkeit füreinander. Empathie und Mitgefühl, also das Mitschwingen mit Gefühlen, braucht Zuwendung, Aufmerksamkeit, wenig eigene starke Gefühle in dem Moment sowie ein genaues Lesen und Verstehen der Körpersprache und der verbalen Signale. Die meisten Menschen können das lernen.
Wenn es gelingt, nicht nur als Eltern, sondern als Menschen in sozialen Beziehungen, die eigenen Filter etwas zu reduzieren und zu versuchen, sich jemandem ganz frisch, neugierig und offen zuzuwenden, dann hat das Gegenüber etwas davon. Im besten Fall gelingt es, dass man dann schön bei seinen eigenen Gefühlen und Wahrnehmungen bleibt und sich nicht am anderen abarbeiten muss, bevor man verstanden wird. Wenn ich traurig bin, dann will ich das sein, ohne, dass das mit meinem Gegenüber etwas macht.
6 Tipps, wie Sie herausfinden, wie es Ihrem Kind wirklich geht:
5–10 Jahre alte Kinder
1. Schön-blöd: Erzählen Sie sich alle jeden Abend, wie Ihr Tag war. Was war schön, was war blöd? Jedes Familienmitglied ist dran, darf so lange sprechen, wie er/sie möchte und dann ist der/die Nächste dran. Kurze Nachfragen sind erlaubt. Durch das Ritual wird es ganz selbstverständlich, dass Sie wichtige Erlebnisse in der Familie austauschen und Anteil nehmen. Dabei werden Gefühle sichtbar.
2. Nehmen Sie sich Zeit. Ein wichtiges Alltagserleben des Kindes findet in der Schule statt. Lernen Sie die Realität des Kindes kennen, seine Freunde und Klassenkameraden. So werden Sie ein guter Gesprächspartner, weil Sie ein bisschen besser wissen, worüber das Kind spricht.
3. Trauen Sie sich selbst über Gefühle zu sprechen. Teilen Sie sich mit, wie es Ihnen geht, nur durch Vorleben funktioniert das gut.
10–16 Jahre alte Kinder/Jugendliche
4. Verbringen Sie Einzelzeit mit Ihrem Kind. Schaffen Sie Raum dafür, dass etwas Schönes entstehen kann und lenken Sie dann das Gespräch auch auf Erlebnisse des Alltags, Wünsche, Sorgen.
5. Bleiben Sie dran. Zeigen Sie Interesse am Leben Ihres Kindes. Lernen Sie online-Leben kennen, verbringen Sie Zeit miteinander, auch mal an Orten, die Ihr Kind mag, bleiben Sie interessiert und unterstützend. Eine gute Eltern-Kind-Beziehung ist ein wichtiger Pfeiler für gelingende Gespräche, auch über Gefühle.
6. Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, was Sie tun können, alle, damit jeder mehr gesehen wird und es genug Aufmerksamkeit für jeden gibt. Denken Sie sich Rituale aus, zusammen.
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Zur Autorin
ANNA HOLFELD
Bildungsreferentin familY-Programm
Als erfahrene Elternbegleiterin, Mediatorin und Coach sind ihr die Themen Beziehung, Selbstwirksamkeit und Umgang mit Veränderungen sehr wichtig. In Berlin ist die Kulturwissenschaftlerin verantwortlich für das family-Programm, bei dem sie ihr Projektmanagement-Talent und ihre Trainerexpertise einbringen kann.